Bauzustandsfeststellung durch Messmethoden
Grundlage für die Ursachenermittlung von Bauschäden oder für die Schlichtung von Streitigkeiten ist immer eine objektive Analyse und Beschreibung des Sachverhalts. Zwar lassen sich fast alle bautechnischen Probleme sachlich wiedergeben, dennoch ermöglicht erst die Einordnung der jeweiligen Thematik in ein Einheitensystem die Beurteilung eines möglichen Fehlers.
Bewertung von Messmethoden
Von wesentlicher Bedeutung bei der Verwendung von Messwerten ist immer die Kenntnis, wie bzw. mit welcher Messmethode das Ergebnis festgestellt wurde und welchen Rückschluss die Messung auf das Problem ermöglicht.
Mit Kenntnis des verwendeten Messgerätes und den zum Zeitpunkt der Messung herrschenden Rahmenbedingungen lässt sich üblicherweise auch die Genauigkeit des Messergebnisses einschätzen. Dies hat bei der Messung einer Rohbau-Wandlänge mit einem Meterstab möglicherweise noch weniger Bedeutung. Bei der Auswretung von Wärmebildaufnahmen (Thermografie) ist die Kenntnis der Rahmenbedingungen aber fundamental. Werden Thermografieaufnahmen ohne Dokumentation der zugrundeliegenden Emissiongrade, Umgebungs- und reflektierter Temperatur, Wetterbedingungen usw. veröffentlicht, haben sie nur einen sehr beschränkten Aussagewert.
Liegt schließlich ein Messwert vor, der ausreichend dokumentiert und mit entsprechender Fachkenntnis festgestellt wurde, muss dieser im Regelfall noch bewertet werden. Um das Beispiel der Wärmebildaufnahme fortzusetzen, reicht es in diesem Fall nicht aus, sich die Aufnahmen von einem ausgebildeten und zertifizierten Thermografen erstellen zu lassen. Für eine Bewertung der Ergebnisse ist nicht nur die Kenntnis der Messmethode wichtig, sondern auch ein fundiertes Wissen zur Baukonstruktion notwendig. Mit der Erfahrung, wie Bauteile aufgebaut sind, können sich durchaus vermeintlich „dramatische Wärmebrücken“ zu erwartbaren Temperaturschwankungen entwickeln.
Im Bauwesen übliche Messmethoden
Die häufigste Art einer Messung dürfte die Längenfeststellung sein. Dabei unterscheiden sich die Messmethoden je nach Art der zu messenden Streckendifferenz. Werden kleine Risse mit einer Fadenlupe oder einem Rissbreitenmaßstab gemessen, kommen für größere Distanzen Meterstab, Maßband oder Laserentfernungsmesser zur Anwendung. Für kleine Spaltmaße werden üblicherweise Messkeile eingesetzt, wohingegen bei größeren Höhenunterschieden Nivelliergeräte, Theodolite oder Rotationslaser Verwendung finden. Zur zerstörungsfreien Lage- und Tiefenfeststellung von Bewehrungseinlagen im Beton oder Rohrleitungen und Kabelstränge gibt es spezielle Messgeräte, die auf dem Wirbelstromverfahren, Ultraschall- oder Röntgenmethode basieren.
Im Bereich bauphysikalischer Fragestellungen gibt es beispielsweise Feuchte- und Temperaturmessgeräte, Wärmebildkameras, Differenzdruck-Messgeräte (Blower-Door) und Strömungsmessgeräte. Insbesondere bei Streitfragen zur Schimmelproblematik in Wohnräumen haben sich „Klima-Logger“ bewährt. Diese Geräte zeichnen, einmal vor Ort installiert, über einen längeren Zeitraum die Daten zum Raumklima (Temperatur, Feuchte) auf. Sie ermöglichen so eine Beurteilung des Lüftungsverhaltens der Nutzer.
Auch Baustoffeigenschaften lassen sich durch Messungen feststellen. Zerstörungsfrei, jedoch mit eingeschränkter Aussagekraft, können mit Rückprallhämmern die Festigkeiten von Beton oder Stahl ermittelt werden. Für genauere Untersuchungen werden üblicherweise Proben vor Ort entnommen und in Baustofflaboren geprüft.
In diesem Rahmen lassen sich nicht alle Möglichkeiten der Messtechnik beschreiben, die derzeit im Bauwesen Verwendung finden. Zu den eher speziellen Messmethoden zählen beispielsweise die Potentialfeldmessung (Detektion von Bewehrungskorrosion) und Schwingungsuntersuchungen mit Beschleunigungsmessgeräten.
Aussagekraft von Messmethoden
Wie schon erwähnt, sollten Messergebnisse nicht kritiklos als Grundlage für Entscheidungen übernommen werden. Die beschriebenen Messmethoden weisen unterschiedliche Genauigkeiten auf und sind, je nach Anwendung auch teilweise sehr fehlerträchtig. Zugleich sollte man das Messprinzip kennen, um auch die Grenzen der Anwendung beurteilen zu können. Hier zählen vor allem die Feuchtemessgeräte „mit der Kugel“ dazu. Diese Geräte sind durch die scheinbar einfache Handhabung und die zerstörungsfreie Messung sehr beliebt – auch bei Laien. Selten werden aber die Bedienungsanleitungen genau gelesen, wodurch sich vermeintliche Falschmessungen ergeben, die jedoch auf Bedienfehler zurückzuführen sind. Die fachliche Einordnung einer Messmethode und des Ergebnisses durch eine qualifizierte Person, z. B. durch einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen, sollte deshalb immer der Ausgangspunkt für weitere Maßnahmen sein.
Messmethoden – ein Resümee
Wie eingangs geschrieben, ermöglichen in vielen Fällen erst Messungen eine genaue Einordnung von Problemen. Damit ist eine Bewertung der Abweichungen von einer „Soll“-Beschaffenheit möglich. Sie sind deshalb unverzichtbar im Baugeschehen.