Die technische Zustandserfassung erfolgt meist aus zwei unterschiedlichen Beweggründen:
Vorsorgliche Beweissicherung
Eine Beweissicherung am eigenen Bauwerk oder der Nachbarbebauung wird notwendig, wenn bereits Schäden vorhanden sind oder diese nicht auszuschließen sind.
Das Grundprinzip einer Beweissicherung ist die neutrale Dokumentation eines Zustands.
Der Neubau
einer Straße, eines Bauwerks mit erschütterungsreichen Bauverfahren, einer Grenzbebauung usw. haben eines gemeinsam: Auch bei sorgfältiger Baudurchführung ist es möglich, dass Nachbarbebauungen beeinflusst werden.
Eine Beweissicherung vor Beginn der Baumaßnahme stellt den baulichen Zustand der Nachbarbebauung fest und
- schützt den Bauherrn vor unberechtigten Ansprüchen der Nachbarn,
- hilft den Angrenzern Schäden infolge der Baumaßnahme nachzuweisen,
- schafft die Grundlage für eine Einigung ohne Streit,
- erleichtert die Beweisführung im Streitfall.
Die Baustelle
zeichnet sich häufig durch einen raschen Baufortschritt aus. Heute sichtbare Fehler können morgen verdeckt sein. Bestimmte Arbeitsabfolgen und schwankende Produktqualitäten können oft im fertigen Zustand nur noch äußerst aufwendig nachgewiesen werden.
Für die Ausführenden und den Bauherrn bietet die Beweissicherung während der Bauausführung gleichermaßen
- eine neutrale Feststellung und Dokumentation von Zwischenzuständen,
- eine zeitnahe fachliche Beurteilung des Sachverhalts,
- einen Nachweis der erbrachten bzw. ausgeführten Leistung.
Im Streitfall
kann durch einen Rechtsanwalt ein selbständiges Beweisverfahren bei Gericht beantragt werden. Dieses Verfahren ist in der Zivilprozessordnung geregelt und ermöglicht die Tatsachenfeststellung schon vor einem Rechtsstreit. Üblicherweise wird vom angerufenen Gericht ein Sachverständiger beauftragt, der im Rahmen eines Gutachtens zu den technischen Fragen Stellung nimmt.
Das Gutachten, das auch in einem möglicherweise folgenden Rechtsstreit verwertet wird, bietet die Grundlage für eine außergerichtliche Einigung der Parteien.
Bestandsaufnahme
Besonders bei Gewerbebauten, Gebäuden im Gemeinschaftseigentum und Bauwerken der öffentlichen Hand ist eine Zustandserfassung als Bewertungsgrundlage für den baulichen Erhaltungszustand sinnvoll. Ziel ist es, Bauwerke in regelmäßigen Abständen zu beurteilen und Defizite und Sanierungsbedarf zu erkennen.
Besonderes Augenmerk liegt bei diesen Kontrollen auf den Belangen der Standsicherheit.
Bestehende Bauwerke
bedürfen der laufenden Wartung, um ihren Zweck erfüllen zu können. Dieser Zusammenhang wurde im Januar 2006 in besonders tragischer Weise beim Einsturz der Eislaufhalle in Bad Reichenhall deutlich.
Eine Konsequenz des Unglücks war, dass das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung die „Richtlinie für die Überwachung der Verkehrssicherheit von baulichen Anlagen des Bundes“ (RÜV) erlassen hat. Mittlerweile wird diese Richtlinie für die Zustandsfeststellung von Bauwerken auch von einigen Bundesländern und Kommunen für ihre Liegenschaften angewandt.
Durch die Einbeziehung eines Sachverständigen in die Überwachung erhält der Eigentümer ein fachlich kompetentes und neutrales Bild über den baulichen Zustand seiner Immobilie.
Fehlende Bestandsunterlagen
erschweren geplante Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen und führen zu Kosten- und Ausführungsunsicherheiten. Eine Bestandsaufnahme im Vorfeld von Planungen vermeidet Überraschungen bei der Ausführung.
Je nach Bedarf können im Zuge einer Bestandsaufnahme folgende Leistungen erbracht werden:
- Überprüfung von vorhandenen Unterlagen auf Übereinstimmung mit dem Bestand
- Feststellung von vorhandenen Schäden
- Nichtzerstörende Bauteiluntersuchungen (z. B. Bewehrungssuche, Druckfestigkeitsabschätzung mit Rückprallhammer, Feuchtigkeitsmessungen)
- Probenentnahmen zur Bestimmung von Materialzusammensetzung, Bestimmung von Festigkeitswerten, Feststellung von Schädigungsfortschritt
- Erstellung von Übersichts-/Bestandsplänen mit Darstellung der Untersuchungsstellen und der Ergebnisse